Mit der UWG-Novelle 2018 hat der österreichische Gesetzgeber die Vorgaben der Europäischen Union über den Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen in das innerstaatliche Recht umgesetzt.
Nun liegen die ersten Entscheidungen zu den neuen gesetzlichen Bestimmungen vor.
In der Entscheidung 4 Ob 182/20y hat der OGH ausgesprochen, dass der Quellcode eines Computerprogramms ein Geschäftsgeheimnis im Sinn des § 26 b Abs. 1 UWG sein kann. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der spätere Beklagte die strittige Software entwickelt hatte. Er hatte allerdings das Know How in eine von ihm mitbegründete GmbH eingebracht, die in weiterer Folge das exklusive Vertriebsrecht an der Software für Österreich und Deutschland dem späteren Kläger eingeräumt hat. Der OGH ist aufgrund dieses Vorgangs davon ausgegangen, dass durch die Übertragung sämtlicher IT-Rechte an der Softwareproduktfamilie die Klägerin Inhaber des Geschäftsgeheimnisses der Quellcodes geworden ist und mit der Einräumung des Werknutzungsrechtes die Verpflichtung des Beklagten verbunden war, den Quellcode (als Geschäftsgeheimnis) nicht offenzulegen. Der Umstand, dass der Beklagte selbst Urheber des Quellcodes war, ändert nichts daran, dass er nicht dessen Inhaber ist, sondern kommt die Inhaberschaft jenem Unternehmen zu, dem er die Rechte abgetreten hat.
In einer weiteren Entscheidung 4 Ob 188/20f hatte sich der OGH mit einer Konstellation zu befassen, in der frühere Mitarbeiter des späteren Klägers tatsächlich unlauter Konstruktionszeichnungen erworben und in weiterer Folge für eine eigene, patentrechtlich geschützte Erfindung als Grundlage verwendet hatten. Nach den getroffenen Feststellungen ersparten sich die späteren Beklagten durch die Verwendung der Konstruktionszeichnungen der Klägerin 25 Konstrukteursarbeitsstunden.
Der OGH hat zwar grundsätzlich das Vorliegen einer geheimen Information bejaht, weil selbst für den Fachmann sie nur mit erheblichem Aufwand entwickelt werden konnten. Allerdings hat der OGH den kommerziellen Wert der Geheimhaltung verneint, weil er der Meinung war, dass die Wettbewerbsposition der Klägerin nicht durch die teilweise Verwendung ihrer Zeichnungen als Vorlage bedroht war, sondern durch die patentierte Weiterentwicklung der beklagten Parteien. Aus der Entscheidung entsteht der Eindruck, dass dem OGH ein Verbot der Weiterverwendung der Konstruktionszeichnungen mit dem Effekt, dass die letztlich geschaffene Erfindung nicht hätte weitervertrieben werden dürfen, als zu weitgehend und unverhältnismäßig erschienen ist.