Die Testamentszeugen, die auf der letztwilligen Verfügung mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz zu unterschreiben haben, müssen gem § 579 ABGB idF nach dem ErbRÄG 2015 identifizierbar sein. Diesbezüglich führen die Materialien zum ErbRÄG 2015 aus, dass zur Identifizierung und Überprüfung der Eignung als Zeuge „insbesondere deren Vor- und Familienname sowie das Geburtsdatum oder die (Berufs-)Adresse“, aus der letztwilligen Verfügung hervorgehen muss. In diesem Zusammenhang war nach Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 zunächst nicht klar, ob Geburtsdatum und/oder (Berufs-)Adresse des Zeugen notwendige Angaben sind, deren Unterbleiben zur Formungültigkeit der Verfügung führt.
Der OGH hat sich zu 2 Ob 86/21t diesbezüglich schließlich der überwiegenden Meinung im Schrifttum angeschlossen, wonach die Nichtanführung der in den Materialien genannten Kriterien noch nicht automatisch zur Ungültigkeit des Testaments führt (so in der Folge auch OGH 2 Ob 139/20k; 2 Ob 2/22s; RIS-Justiz RS0133647). Begründend führt das Höchstgericht aus, dass die Materialien weder dem Gesetz selbst gleichzuhalten seien, noch dieses authentisch interpretieren, weshalb eine Bindung an die Materialien bei der Auslegung des Gesetzes nicht bestehe. Das Gesetz verlange bloß, dass die Identität der Zeugen nunmehr (in Abkehr von der Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015) aus der Urkunde hervorgehen müsse, ohne Konkretisierung, wann dies der Fall sei, sodass es diesbezüglich einer Einzelfallbeurteilung bedürfe.
So geht nach Ansicht des OGH die Identität der Zeugen in ausreichender Weise aus der letztwilligen Verfügung hervor, wenn die Angabe von Vor- und Familiennamen, Berufsbezeichnung und Berufsadresse erfolgt (2 Ob 86/21t), wobei hierbei sogar den strengen Anforderungen der Materialien entsprochen wurde, da auch diese bloß die Angabe des Geburtsdatums oder der (Berufs-)Adresse verlangen. Die Identifizierung der Zeugen wird in der Rsp aber auch allein aufgrund deren lesbaren Unterschrift oder deren unlesbaren Unterschrift im Zusammenhang mit der lesbaren Angabe ihrer Namen für möglich gehalten, da in beiden Fällen mit der Unterschrift ein aus der Urkunde selbst hervorgehendes Identitätsmerkmal vorliege, das durch Schriftvergleich die Identifizierung der Zeugen ermögliche (OGH 2 Ob 139/20k). Schließlich ist Identifizierbarkeit auch bei Vorliegen der lesbaren Unterschrift einer völlig unbestrittenen Testamentszeugin mit ihrem Vornamen und einem Familiennamen, den sie nach einem laufenden Scheidungsverfahren erst kurze Zeit später wieder annehmen sollte, anzunehmen (OGH 2 Ob 2/22s).In der Praxis bedeutet dies, dass weder die (Berufs-)Adresse noch das Geburtsdatum der Testamentszeugen angeführt werden müssen, soweit die Identifizierbarkeit der Zeugen aufgrund deren lesbaren Unterschriften oder deren unlesbaren Unterschriften im Zusammenhang mit einer lesbaren Angabe ihrer Namen möglich ist.