In Umsetzung der zweiten Modernisierungsrichtlinie der Europäischen Union hat der österreichische Gesetzgeber mit dem BGBl I Nr. 110/2022, welches am 20.07.2022 in Kraft getreten ist, das Gesetz über die Auszeichnung von Preisen geändert.
Entsprechend der Vorgaben der Europäischen Richtline sieht § 9a Preisauszeichnungsgesetz vor, dass bei der Werbung von Preisermäßigungen bei Sachgütern vom Unternehmer der niedrigste Preis anzugeben ist, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor Anwendung der Preisermäßigung im selben Vertriebskanal verlangt wurde.
Die Auslegung dieser Bestimmung ist schon jetzt in der Literatur umstritten, sodass es wohl letztlich der Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof bedarf, um einige der offenen Fragen endgültig zu klären.
So stellt sich die Frage, ob die gesetzliche Bestimmung auch dann gilt, wenn eine Preisermäßigung auf das gesamte Sortiment („alles – 20 %“) Anwendung finden soll. Während das in der deutschen Literatur teilweise vertreten wird, ist die Anwendung der neuen Bestimmung von Kodek/Leupold ebenso abgelehnt worden wie auch die Erläuternden Bemerkungen zur neuen gesetzlichen Bestimmung davon ausgehen, dass bei allgemeinen Ankündigungen (zB minus 20 % auf das gesamte Sortiment oder eine bestimmte Warengruppe) der vorherige Preis der einzelnen Sachgüter nicht angegeben werden müsse.
Unstrittig ist, dass die neue Vorschrift bei Vergleichen des Händlers mit unverbindlichen Preisempfehlungen der Produzenten ebenso wenig anwendbar ist wie bei Preisvergleichen im Rahmen der vergleichenden Werbung mit Preisen anderer Unternehmer. Auch bei Mengenrabatten, Koppelungsgeschäften, Kundenkarten, Treueprogrammen oder Gutscheinen soll die neue Vorschrift nicht anwendbar sein.
Die ursprüngliche Intention der Europäischen Richtlinienbestimmung war das Vermeiden von Statt-Preis-Werbung unter Zugrundelegung von „Mondpreisen“, die vom werbenden Unternehmer ursprünglich gar nicht ernsthaft verlangt oder künstlich erhöht wurden. In diesen Fällen hat die österreichische Rechtsprechung durch Anwendung des allgemeinen Irreführungsverbots des § 2 UWG das Auslangen gefunden.
Zu beachten ist, dass in der Rechtsprechung des OGH schon nach dem allgemeinen Irreführungstatbestand des § 2 UWG klargestellt wurde, dass bei einer Werbung mit einem Statt-Preis für einen bestimmten Zeitraum es unlauter und irreführend ist, wenn der reduzierte Preis nach dem eigentlich angekündigten Aktionszeitraum beibehalten wird (4 Ob 84/21p).